Gericht hebt nächt­li­che Corona-Ausgangs­sper­re auf

Der Eilan­trag einer Frau aus Tübin­gen war erfolg­reich: Der Verwal­tungs­ge­richts­hof hat die Corona-beding­ten nächt­li­chen Ausgangs­be­schrän­kun­gen in Baden-Württem­berg aufgrund fehlen­der Verhält­nis­mäs­sig­keit gekippt.

Fehlen­de Verhält­nis­mäs­sig­keit bei Ausgangsperre

Der Eilan­trag einer Kläge­rin aus Tübin­gen war erfolg­reich: Der Verwal­tungs­ge­richts­hof Baden-Württem­berg hat die Corona-beding­te nächt­li­che Ausgangs­sper­re gekippt. Nach dem am Montag veröf­fent­lich­ten Beschluss muss die Vorschrift in der Corona-Verord­nung, die Ausgangs­be­schrän­kun­gen von 20 Uhr bis 5 Uhr vorsieht, ausser Vollzug gesetzt worden.

Der 1. Senat argumen­tiert, die Landes­re­ge­lung habe zuletzt die gesetz­li­chen Voraus­set­zun­gen nicht mehr erfüllt. Nach dem Infek­ti­ons­schutz­ge­setz seien Ausgangs­be­schrän­kun­gen nur möglich, wenn ihr Unter­las­sen zu irgend­wel­chen Nachtei­len in der Pande­mie­be­kämp­fung führe. Sie kämen nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangs­be­schrän­kun­gen – auch unter Berück­sich­ti­gung aller anderen ergrif­fe­nen Massnah­men – zu einer wesent­li­chen Verschlech­te­rung des Infek­ti­ons­ge­sche­hens führe.

Zudem müsse die Landes­re­gie­rung prüfen, ob diese Ausgangs­be­schrän­kun­gen landes­weit angeord­net werden müssten oder ob diffe­ren­zier­te­re, am regio­na­len Infek­ti­ons­ge­sche­hen orien­tier­te Regelun­gen in Betracht kämen. Den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen habe das Land zuletzt nicht mehr entsprochen.

Regie­rung kündigt Strate­gie­än­de­rung an

Das Land erwägt nun, nur noch für Corona-Hotspots solche Massnah­men zu ergrei­fen. Es sei abseh­bar gewesen, dass angesichts der sinken­den Infek­ti­ons­zah­len in Baden-Württem­berg die Frage der Verhält­nis­mäs­sig­keit gestellt würde, sagte Regie­rungs­spre­cher Rudi Hoogvliet am Montag der dpa in Stutt­gart. „Jetzt haben wir juris­ti­sche Klarheit.“ 15 Stadt- und Landkrei­se liegen bei der sogenann­ten Sieben-Tage-Inzidenz unter 50, nur noch vier Kreise über 100.

„Auch wir hatten schon überlegt, die landes­wei­te Regelung aufzu­he­ben und eine regio­na­le Regelung daraus zu machen“, sagte Hoogvliet. Man habe am Wochen­en­de schon Kontakt mit der Staats­re­gie­rung in Bayern gehabt, um gemein­sam mit dem Nachbarn zu überle­gen, ob und wann man die landes­wei­te Regelung im Gleich­schritt aufhe­ben könne. Die aktuel­le Corona-Verord­nung, die auch den Lockdown regelt, gilt noch bis zum 14. Februar.

Der Südwes­ten hat momen­tan noch die schärfs­ten Ausgangs­be­schrän­kun­gen – von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr am nächs­ten Morgen. Noch vergan­ge­ne Woche hatte Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) die Massnah­me als sehr effek­tiv gelobt. In Bayern dürfen die Menschen um 21.00 Uhr nicht mehr vor die Tür.

Meinung der AirVox-Redaktion

Immer wieder weisen wir darauf hin, dass es sich lohnt, die Verhält­nis­mäs­sig­keit von verhäng­ten Massnah­men gericht­lich einzu­for­dern, und für seine verfas­sungs­mäs­sig garan­tier­ten Rechte zu kämpfen. Solange wir uns nicht endlich aktiver gegen die unver­hält­nis­mäs­si­gen Massnah­men wehren, wird wohl kaum rasch Besse­rung einkeh­ren. Der Eilan­trag in Tübin­gen beweist einmal mehr, dass es sich lohnt, seine Rechte vor Gericht einzu­for­dern. Denn nur wo ein Kläger ist, ist auch ein Richter.