Können wir Erinnerung festhalten? | 42 — Die Antwort auf fast alles
In diesem informativen Video wird untersucht, wie Erinnerungen unser Leben prägen und welche Rolle Emotionen sowie Umweltreize bei der Speicherung und Rekonstruktion von Erinnerungen spielen. Es wird dargelegt, dass Erinnerungen nicht nur unser Selbstverständnis formen, sondern auch dynamisch und veränderlich sind. Psychologische Experimente zeigen, dass unser Gedächtnis uns manchmal täuscht und wir uns an Dinge erinnern können, die nie passiert sind. Entdecke die Komplexität der menschlichen Erinnerung und ihre Bedeutung für unsere Identität.
Kerninhalte
- Erinnerungen prägen unsere Identität und Wahrnehmung.
- Unterschied zwischen episodischem und semantischem Gedächtnis.
- Emotionen beeinflussen die Speicherung und den Abruf von Erinnerungen.
Analyse und Gedanken
- Erinnerungen sind nicht statisch, sondern dynamisch und veränderbar.
- Manipulation von Erinnerungen durch äußere Einflüsse ist möglich.
- Die Bedeutung von Umweltreizen für das Erinnerungsvermögen wird hervorgehoben.
Fazit
Das Video verdeutlicht, dass Erinnerungen nicht nur einfache Rückblicke sind, sondern komplexe Konstrukte, die ständig aktualisiert und beeinflusst werden. Diese Erkenntnisse sind entscheidend für unser Verständnis von Identität und der menschlichen Psyche. Gleichzeitig zeigt es, wie wichtig es ist, die Natur unserer Erinnerungen zu hinterfragen.
Bedeutung der Erinnerungen (00:04)
Das Video untersucht die Bedeutung von Erinnerungen für unsere Identität und unser Leben. Es wird erörtert, wie Erinnerungen unsere Wahrnehmung der Vergangenheit und der Gegenwart prägen und welche Rolle das Gedächtnis in unserem Alltag spielt. Der Rückblick auf unser Leben zeigt, dass es stark von Erinnerungen geprägt ist. Das Gedächtnis kann uns täuschen, indem es uns Erinnerungen vorgaukelt, die nicht wirklich erlebt wurden. Ohne episodisches Gedächtnis wären unsere Erinnerungen flüchtig und unser Leben würde sich anfühlen wie eine Reihe kurzlebiger Momente.
Komplexität der Erinnerungen (04:03)
In diesem Abschnitt wird die Komplexität und Subjektivität von Erinnerungen sowie die Unterschiede zwischen episodischem und semantischem Gedächtnis thematisiert. Es wird erklärt, dass Erinnerungen nicht immer exakt die Erlebnisse widerspiegeln, die wir gemacht haben, und dass unser Erinnerungsvermögen mit dem Alter abnimmt. Erinnerungen sollten leicht abrufbar sein, doch sie können sich verändern. Es gibt Erinnerungen, auf die wir uns verlassen können, aber oft erinnern wir uns nicht an die Details wichtiger Lebensereignisse. Der Unterschied zwischen episodischer und semantischer Erinnerung wird erläutert, wobei episodische Erinnerungen persönlicher und subjektiver sind.
Einfluss von Emotionen (08:08)
In diesem Abschnitt wird untersucht, wie Emotionen und besondere Erlebnisse unsere Erinnerungen beeinflussen und welche Rolle verschiedene Gehirnregionen dabei spielen. Menschen sind oft überrascht, was sie über alltägliche Dinge nicht wissen, insbesondere beim Umgang mit Bargeld. Emotionen wie Überraschung, Angst und Freude aktivieren unser Gehirn und machen uns auf den Moment aufmerksam. Ein Beispiel für einen prägenden Moment, wie die erste Begegnung mit der großen Liebe, wird angeführt, um die Bedeutung emotionaler Erinnerungen zu verdeutlichen. Der Prozess der Konsolidierung von Erinnerungen wird erklärt, wobei verschiedene Hirnregionen für die Speicherung von Informationen zuständig sind.
Veränderlichkeit der Erinnerungen (12:12)
In diesem Abschnitt wird untersucht, wie Erinnerungen sich im Laufe der Zeit verändern und wie leicht sie manipuliert werden können. Es wird aufgezeigt, dass Erinnerungen nicht statisch sind, sondern ständig aktualisiert werden, was zu falschen Erinnerungen führen kann. Die Erinnerung wird als dynamisch beschrieben, da sie sich ständig aktualisiert und verändert, was dazu führen kann, dass das Original nicht mehr zugänglich ist. Ein Beispiel des Challenger-Unglücks zeigt, dass öffentliche Ereignisse und Medienberichterstattung die Art und Weise beeinflussen können, wie wir uns an Ereignisse erinnern. Ein Experiment mit einem Autounfall zeigt, dass sprachliche Nuancen die Schätzungen der Menschen beeinflussen können, was die Manipulierbarkeit von Erinnerungen verdeutlicht.
Aktivierung von Erinnerungen (16:18)
In diesem Abschnitt wird untersucht, wie Erinnerungen durch verschiedene Umweltreize und Situationen aktiviert werden können. Es wird erläutert, dass Erinnerungen nicht nur aktiv gesucht werden müssen, sondern auch spontan durch Gerüche, Musik oder ähnliche Umgebungen hervorgerufen werden können. Der Einfluss der Umgebung auf das Erinnerungsvermögen wird anhand eines Experiments erläutert. Der pharmakologische Zustand des Individuums kann ebenfalls das Erinnerungsvermögen beeinflussen.
Herausforderungen beim Erinnern (20:26)
In diesem Abschnitt wird untersucht, wie Erinnerungen gebildet und verändert werden, sowie die Herausforderungen, die damit verbunden sind, eine komplexe Erfahrung genau zu erinnern. Die Schwierigkeit, Erinnerungen als Ganzes zu erfassen, wird angesprochen. Es wird erklärt, dass Erinnerungen sich verändern können und dass dies ein normaler Teil des Alltags ist. Ein interaktiver Versuch wird vorgestellt, bei dem die Zuschauer aufgefordert werden, ihre eigenen Erinnerungen visuell darzustellen. Der Vergleich zwischen den Zeichnungen der Teilnehmer und dem Originalbild zeigt, wie viel Information aus dem Gedächtnis hinzugefügt wird.
Bedeutung für Vorstellungskraft und soziale Beziehungen (24:28)
Die Bedeutung von Erinnerungen für unsere Vorstellungskraft und sozialen Beziehungen wird hervorgehoben. Erinnerungen ermöglichen es uns, neue Erfahrungen zu verknüpfen und geben unserem Leben Orientierung. Ein reichhaltiges Gedächtnis ermöglicht es uns, die Zukunft vorzustellen und gibt unserem Leben eine Richtung. Erinnerungen sind entscheidend für soziale Beziehungen und das Knüpfen von Verbindungen zwischen Menschen und Erfahrungen. Der Austausch und die Aktualisierung von Erinnerungen können Fehler enthalten, aber sie sind wichtig für die Rekonstruktion unserer Realität.
Video-Statistiken
Erinnerungen sind das Fundament unserer Identität. Was wir über uns selbst und die Welt denken – all das basiert auf dem, woran wir uns erinnern. Aber können wir Erinnerungen überhaupt festhalten, ohne sie zu verändern? Psychologische Experimente zeigen, dass uns das Gedächtnis gerne mal Streiche spielt – und wir uns sogar an Dinge erinnern können, die nie passiert sind.
Unsere autobiografische Erinnerung ist das Rohmaterial für die Konstruktion unserer Lebensgeschichte. Prof. Tilmann Habermas, Psychologe und Psychoanalytiker an der International Psychoanalytic University Berlin, untersucht, wie wir durch Erinnern unser Selbstbild formen und unserer Biografie einen roten Faden geben. Diese Lebensgeschichten sind nie starr. Entsprechend flexibel muss auch unser Gedächtnis bleiben.
Wie unser Gehirn dies ermöglicht, erforscht die Neurowissenschaftlerin Denise Manahan-Vaughan von der Ruhr-Universität Bochum: Schon die Art und Weise, wie persönliche Erinnerungen im Gehirn gespeichert werden, sorgt dafür, dass sie lebendig bleiben. Denn eine Erinnerung wird nicht isoliert an einem bestimmten Ort im Gedächtnis abgelegt, sondern in ein großes neuronales Netzwerk eingeflochten.
Indem sich diese Verknüpfungen im Netzwerk verändern, ist das Gedächtnis nicht nur ein reproduzierendes, sondern ein produzierendes, kreatives Vermögen, meint der Philosoph Sven Bernecker von der Universität Köln. Für ihn ist Veränderung keine Fehlfunktion der Erinnerung – sondern seine Aufgabe.
Denn Erinnern ist weit mehr als das Festhalten von Vergangenem. Davon geht auch die Neuropsychologin Helene Intraub von der University of Delaware aus. In Experimenten zeigt sie, dass das automatische Erweitern und Ausschmücken von Erinnerungen sogar ein Zeichen für ein gut funktionierendes Gedächtnis sein kann. Ist es also ganz normal, dass sich unsere Erinnerungen ständig verändern?
Quellen und weiterführende Links:
Lesenswerte Bücher zum Thema:
Sven Bernecker – Memory: A Philosophical Study
Ylva Østby, Hilde Østby – Nach Seepferdchen tauchen: Ein Buch über das Gedächtnis
1. Wir sind, was wir erinnern: Wie unsere Lebensgeschichte entsteht
Wie aus Erinnerungen Lebensgeschichten werden: https://www.researchgate.net/publication/266025601
… und wie sie sich im Laufe des Lebens verändern: https://www.researchgate.net/publication/346405060
2. Die Konstruktion und Rekonstruktion von Erinnerung
Gesammeltes Wissen rund um Erinnerung, kompakt und leicht verständlich, zusammengestellt vom Brain Institute der University of Queensland: https://qbi.uq.edu.au/brain-basics/memory
Warum wir emotionale Erfahrungen besser erinnern: https://www.engineering.columbia.edu/news/why-do-we-remember-emotional-events-better
… und wie vor allem Gerüche (nicht nur Lavendelparfum) unsere Erinnerung prägen: https://www.sfb874.ruhr-uni-bochum.de/podcast/wie-gerueche-unsere-erinnerungen-praegen/
3. Zurück in die Zukunft: Wie Erinnerungen und Vorstellungskraft zusammenhängen
Beispiele für Boundary Extension und die Rolle, die der Hippocampus dabei spielt: https://www.researchgate.net/publication/281055158
Warum erweitert unser Gehirn automatisch, was wir sehen? Drei Erklärungsansätze für Boundary Extension: https://academic.oup.com/analysis/article/81/4/647/6354111
Weitere Experimente und Studien, die in der Folge vorkommen:
Über Neissers Challenger-Experiment und weitere Studien zu Flashbulb Memories: https://theconversation.com/flashbulb-memories-of-dramatic-events-arent-as-accurate-as-believed-64838
Das Experiment mit Tiefseetauchern von Gooden und Baddeley: https://app.nova.edu/toolbox/instructionalproducts/edd8124/fall11/1975GoddenBaddeley.pdf
Das Experiment von Loftus und Palmer zur Frage, wie die Erinnerung an einen Autounfall von der Wortwahl beeinflusst wird: https://labs.la.utexas.edu/gilden/files/2016/04/Loftus_Palmer.pdf
Musik in dieser Folge
Alice Boman – Don’t forget about me // TC: 01:19:08:18 + 01:21:31:18 + 01:26:28:07
Lana del Rey – Summertime Sadness // 01:09:34:18 u 01:16:22:24
Moby – Everything that rises // TC 01:25:18:23
Amanda Bergman – Falcons // TC 01:27:58:05
Wissenschafts-Dokureihe, Regie: Henrike Kolletzki (D 2024, 29 Min)
Video verfügbar bis zum 24/11/2027
Link zur Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/115511–005‑A/koennen-wir-erinnerung-festhalten/
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Top 25 Kommentare
Aber bei dem Experiment, wo wir das Bild zeichnen sollten, bin ich euch in die Falle getappt.
Echt Wahnsinn, was da im Gehirn abgeht und wozu es im Stande ist.
Sehr interessant und aufschlussreich! Bitte mehr solcher Dokus.
Vielen Dank, dass ihr das Thema Erinnerung aus so vielen spannenden Perspektiven betrachtet. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Nostalgie gerade ein sehr starkes Gefühl ist in der Gesellschaft – oder geht es nur mir so? Ich schwelge in Erinnerungen und habe jetzt schon (mit 28 Jahren) oft Angst, sie zu verlieren. Es ist wie ihr sagt: Sie sind alles, was bleibt, wenn wir auf unser Leben zurückblicken … ohne Erinnerungen verlieren wir unsere Identität …
Ich war mit knapp 3 Jahren im Tunnel. Der Film, der abläuft ist immer der Gleiche. Das ist 56 Jahre her.
Der Philosoph
einevier Sekunden und ich erkenne das Lied! 🙂 Hach, Erinnerungen. Das restliche Video war interessant. 🙂Ich denke, bei ehrlicher Reflexion das ich die Vergangenheit entweder idialisierte,oder sich besonders schlimm anfühlte.….gerade so wie ich es meinte zu brauchen.
Auch Schriftstellern passiert es nicht selten, dass sie Stellen ihres Werks wesentlich anders in Erinnerung haben, als sie diese aufgeschrieben haben. Plötzlich passt eine Fortsetzung nicht in den aufgeschriebenen Rahmen. Deshalb werden Texte auch fortwährend während des kreativen Vorgangs überarbeitet und ergänzt. Bei manchen literarischen Werken fällt sogar auf, dass der Autor sich diesbezüglich nicht bemüht hat. Die Voraussetzungen der im Text dargestellten Handlungen stimmen einfach nicht. Das kann enorm irritieren, weshalb viele Autoren ihre Werke testlesen lassen.
Problematisch sind solche “Verarbeitungsfehler” natürlich bei Zeugen vor Gericht. Besonders spannend ist das natürlich bei Gutachtern, die bei ihrem Vortrag vor Gericht ihre Darstellung im Gutachten modifizieren. Hier kann man sich sehr schnell und sehr leicht davon überzeugen, dass auch Profis mit einem ziemlich limitierten Gedächtnis zu kämpfen haben und z.T. völlig andere und neue Darstellungen bringen, die sie vlt in ihrem Kopf zwischenzeitlich aus den Erinnerungsstücken zusammen gestrickt haben. Richter kennen das Problem zur Genüge, weshalb sie auch stets die Darstellung vor Gericht mit der Darstellung im schriftlichen Gutachten vergleichen.
Bei Augenzeugen von Straftaten gibt es jedoch kein wirklich vernünftiges Qualitätsmanagement. Deshalb sind Aussagen von Augenzeugen vor Gericht mit äußerster Vorsicht zu genießen. Das zeigt sich schon oft bei Nachfragen, wo es zu teilweise gravierenden Abweichungen von den gerade getätigten Aussagen kommen kann. Das ist besonders problematisch, da Staatsanwälte und Verteidiger ja durchaus suggestiv fragen, um ihre Legende durchzudrücken.
Im Endeffekt wusste ich bereits alles. Was mir fehlte ist die Einordnung und Interpretation. Mir hat die positive Seite gefehlt, warum es notwendig ist, dass sich Erinnerungen bzw. dessen Interpretationen mutieren sollten. Das gilt insbesondere für Traumata, welche hier überhaupt nicht erwähnt wurden. Ansonsten würden diese uns ein Leben lang viel zu sehr belasten.
PS: Der Test mit den Spaghetti war kein Problem für mich. Allerdings habe ich auch auf die Proportionen geachtet. Ich erinnerte mich, dass es ein Close-Up war. ^^
Eine Frage noch: Welche Musik wurde in der Doku verwendet? Mich interessieren insbesondere das Lied ab 0:51 und das Lied ab 26:48. Die werden in der Musikliste in den Shownotes leider nicht mit aufgeführt.