«Briti­sche Virus-Mutati­on kein Grund zur Panik»

Der Virolo­ge Hendrik Streeck betont in einem aktuel­len Inter­view mit RP Online, dass die briti­sche Virus-Mutati­on nicht so enorm viel anste­cken­der ist, wie manche glauben. Zudem hält er Inzidenz­wer­te für kein geeig­ne­tes Mittel, um den Stand der Pande­mie zu bewer­ten. Statt­des­sen hat er einen anderen Vorschlag. 

Inzidenz­wert und Zahl der Neuin­fek­tio­nen als Richt­wer­te sind nicht sinnvoll

Der Bonner Virolo­ge Hendrik Streeck hält bei der aktuel­len Corona-Strate­gie weder den Inzidenz­wert noch die tägli­che Zahl der Neuin­fek­tio­nen für sinnvol­le Richt­wer­te. „Der definier­te Grenz­wert von 50 Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­ner werde von vielen als ein wissen­schaft­li­cher Grenz­wert wahrge­nom­men“, sagte Streeck der Düssel­dor­fer „Rheini­schen Post“. Tatsäch­lich habe dieser Wert jedoch mit Wissen­schaft­lich­keit nicht viel zu tun, sondern sei ledig­lich ein von der Politik definier­ter Grenz­wert.“

Dieser Wert vermit­te­le inzwi­schen ein völlig falsches Bild, weil die Teststra­te­gie ständig verän­dert worden sei. Auch die Zahlen der Neuin­fek­tio­nen seien dadurch nicht mehr ausschlaggebend.

Seit Anfang Novem­ber 2020 würden nur noch sympto­ma­ti­sche Fälle getes­tet, die auch Kontakt zu Infizier­ten hatten, sagte Streeck. „Dieser Wert ist nicht vergleich­bar mit dem im Sommer, wo wir die Dunkel­zif­fer durch massi­ves Testen viel besser ausge­leuch­tet haben.“ Außer­dem verzerr­ten die Antigen Schnell­tests, die nicht erfasst werden, das Bild. Die aktuel­len Zahlen der Neuin­fek­tio­nen vermit­tel­ten daher ein falsches Bild und sollten deshalb nicht dem Zweck politi­scher Entschei­dun­gen dienen.

Syste­ma­ti­sche Stich­pro­ben statt wilde Testerei

Der Wissen­schaft­ler Streeck wirbt statt­des­sen für syste­ma­ti­sche, reprä­sen­ta­ti­ve Stich­pro­ben, um zu verste­hen, wie das Infek­ti­ons­ge­sche­hen wirklich aussieht. Nur so könne ein konstan­ter Richt­wert entwi­ckelt werden. „Derzeit wissen wir wie gesagt nicht, wer sich wo und wie überhaupt ansteckt, warum es überhaupt noch Infek­tio­nen gibt, wir tappen einfach im Dunkeln.“

Als ein Instru­ment regte Streeck an, beispiels­wei­se bei den Infizier­ten den Beruf zu erfas­sen, um mögli­cher­wei­se beson­ders häufig betrof­fe­ne Berufs­grup­pen erken­nen zu können. „Viele solcher Daten werden nicht erfasst.“ Und dies könnten nicht Virolo­gen oder Epide­mio­lo­gen koordi­nie­ren, betonte Streeck. „Das muss aus dem Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um kommen.“

Briti­sche Virus-Mutati­on nicht wesent­lich ansteckender

Mit Blick auf die bekann­ten Corona-Mutatio­nen gab der Virolo­ge Entwar­nung. Zwar habe die briti­sche Varian­te eine etwas höhere Infek­tiö­si­tät. Die Mutati­on müsse deshalb auch weiter unter­sucht werden. Es gebe jedoch keinen Grund zur Panik, sagte der Bonner Profes­sor für Virolo­gie und Direk­tor des Insti­tuts für Virolo­gie und HIV-Forschung an der Medizi­ni­schen Fakul­tät der Uni Bonn.

Absen­kung der Infek­ti­ons­zah­len im Winter praktisch unmöglich

Streeck nannte eine Absen­kung der Infek­ti­ons­zah­len für wünschens­wert. Aber solange der Winter andaue­re, sei es fast unmög­lich, die Zahlen deutlich zu senken. „Daher müssen wir darüber reden, wie viele Infek­tio­nen verkraft­bar sind, und wie wir Einzel­ne besser schüt­zen können.

Darüber hinaus dürften andere Viren weltweit mit Pande­mie-Poten­zi­al nicht aus dem Blick geraten. „Deshalb sollten wir diese Zeit nutzen, um uns für die Zukunft vorzu­be­rei­ten, besser heute als morgen.“

Meinung der AirVox-Redaktion

Hendrick Streeck gehört zu den beson­ne­nen Wissen­schaft­lern, die logisch und klar argumen­tie­ren. Die Politik würde gut daran tun, wesent­lich stärker auf solch abgeklär­te und «unspek­ta­ku­lä­re» Virolo­gen zu hören. Dadurch könnten absolut sinnfreie Lockdowns, die – wie die nutzlo­sen Lockdowns in England, Deutsch­land und Israel nachweis­lich vor Augen führen – das Infek­ti­ons­ge­sche­hen nicht nachhal­tig beein­flus­sen, vermie­den, und Milli­ar­den von Steuer­gel­dern einge­spart werden. Statt­des­sen setzt man bei den Politi­kern jedoch lieber weiter­hin auf Panik und massive Einschrän­kun­gen der verfas­sungs­mäs­sig garan­tier­ten Grundrechte.