«Im ÖV braucht es eine Masken­pflicht für Nichtgeimpfte»

Bundes­prä­si­dent Guy Parme­lin hat sich in einem Inter­view für mögli­che Privi­le­gi­en für geimpf­te Perso­nen gegen­über Impfver­wei­ge­rern ausge­spro­chen. Im öffent­li­chen Verkehr brauche es eine Masken­pflicht für Nicht­ge­impf­te, sagte der SVP-Bundesrat.

Freipass für Zweitklassengesellschaft

Im öffent­li­chen Bereich müssten Massnah­men generell aber so milde wie möglich sein, erklär­te der Wirtschafts­mi­nis­ter. “Ich gehe deshalb davon aus, dass auch ein negati­ver Test ausreicht, um Zutritt zu erhal­ten. Aber der Test muss vom gleichen Tag stammen.”

Parme­lin gewich­tet gemäss eigenen Worten das Sicher­heits­in­ter­es­se “hoch”. “Wenn ein Musik­fes­ti­val einen Impfnach­weis verlangt, fände ich das nachvoll­zieh­bar.” Private Veran­stal­ter könnten grund­sätz­lich machen, was sie wollten, sie könnten Nicht­ge­impf­te ausschlies­sen. Der Bund müsse erst noch über die Regeln für den öffent­li­chen Bereich diskutieren.

Weiter bekräf­tig­te Parme­lin, dass die Hygiene- und Distanz­re­geln “sicher noch eine Weile” gelten würden. Rund um die Impfun­gen gebe es noch verschie­de­ne offene Fragen. “Wir wissen zwar, dass die Impfung vor einer Anste­ckung schützt. Aber wir wissen beispiels­wei­se noch nicht, ob Geimpf­te das Virus übertra­gen können.”

Parme­lin kriti­siert Kantone

Nicht zufrie­den ist der Bundes­prä­si­dent mit den Kanto­nen in Bezug auf die Corona-Tests. “Die Kantone müssen jetzt wirklich vorwärts machen. Ich appel­lie­re an sie, mehr zu testen.” Einige der Kanto­nen forder­ten die sofor­ti­ge Öffnung von Restau­rants, würden aber gleich­zei­tig zu wenig testen. “Das geht nicht.”

Weil der Bund die Kosten für Massen­tests überneh­me, sei es eine Frage des Willens und des verfüg­ba­ren Perso­nals, sagte Parme­lin. Der Bund könne aber die Kantone gesetz­lich nicht zu Massen­tests zwingen. Solche seien aber auch im wirtschaft­li­chen Inter­es­se der Kantone selbst.

Durch Tests könnten Infizier­te ohne Sympto­me rasch ausfin­dig gemacht und isoliert werden. So würden Anste­ckungs­ket­ten unter­bro­chen. Mit geziel­ten Testak­tio­nen könnte zum Beispiel verhin­dert werden, dass Schulen für längere Zeit geschlos­sen werden müssten, sagte Parme­lin. Und auch in Unter­neh­men könnten Arbeits­aus­fäl­le und Quaran­tä­nen verhin­dert werden.

Meinung der AirVox-Redaktion

Sehr geehr­ter Herr Parmelin

Offen­bar haben Sie noch immer nichts von der Resolu­ti­on 2361 des Europa­rats mitbe­kom­men, die am 27. Januar 2021 verab­schie­det wurde. Diese ist auch für die Schweiz gültig, die seit 1963 im Europa­rat angehört. Sie verbie­tet die Benach­tei­li­gung oder Diskri­mi­nie­rung von Nicht­ge­impf­ten und besagt folgendes:

7.3.1 «Es ist sicher­zu­stel­len, dass die Bürger darüber infor­miert werden, dass die Impfung NICHT verpflich­tend ist, und dass niemand politisch, gesell­schaft­lich oder ander­wei­tig unter Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen, wenn er dies nicht selbst möchte»

7.3.2 «Es ist sicher­zu­stel­len, dass niemand diskri­mi­niert wird, weil er nicht geimpft wurde, aufgrund mögli­cher Gesund­heits­ri­si­ken oder weil er sich nicht impfen lassen möchte»

Offen­bar haben Sie auch noch nie etwas von der Schwei­ze­ri­schen Bundes­ver­fas­sung gehört, auf die Sie eigent­lich bei Ihrem Amtsan­tritt geschwo­ren haben, und die gleiche Rechte für jeden Schwei­zer Bürger garan­tiert. Folgen­des steht hier geschrieben:

8.1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich

8.2 Niemand darf diskri­mi­niert werden, nament­lich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozia­len Stellung, der Lebens­form, der religiö­sen, weltan­schau­li­chen oder politi­schen Überzeu­gung oder wegen einer körper­li­chen, geisti­gen oder psychi­schen Behinderung.

Es ist eine Schande, dass wir einen Bundes­prä­si­den­ten haben, der offen­bar die eigene Bundes­ver­fas­sung nicht kennt, und auch noch nie etwas von der Europa­rat-Resolu­ti­on 2361 gehört hat. Noch schlim­mer ist jedoch, dass Sie sich in den Medien sogar offen für die Diskri­mi­nie­rung von Nicht­ge­impf­ten ausspre­chen, und Veran­stal­tungs­an­bie­ter mit Ihren Aussa­gen gerade­zu motivie­ren, diese Perso­nen­grup­pe auszu­schlies­sen. Alleine für diese Anstif­tung zum Verfas­sungs­bruch und der Einfüh­rung einer Zweiklas­sen­ge­sell­schaft unter Einschrän­kung der Grund­rech­te müssten sie eigent­lich mit juris­ti­schen Konse­quen­zen rechnen. Offen­bar haben Sie nicht verstan­den, dass Grund­rech­te nicht verhan­del­bar sind, und gerade in Krisen­zei­ten nicht einfach ausser Kraft gesetzt werden können.

Vor allem haben Sie offen­bar auch noch nicht begrif­fen, dass nach vorsich­ti­gen Schät­zun­gen inzwi­schen bereits über 10 Prozent der Menschen Antikör­per aufgrund einer durch­ge­mach­ten Krank­heit entwi­ckelt haben. Gemäss Ihrer Aussage soll jedoch auch diese Perso­nen­grup­pe diskri­mi­niert werden. Aufgrund Ihrer Aussa­gen muss man leider davon ausge­hen, dass Sie und/oder Ihre Berater offen­bar nicht einmal über ein Minimum an Wissen über ein funktio­nie­ren­des Immun­sys­tem des Menschen verfü­gen – anders kann man sich einen solchen Total­aus­fall in einem Inter­view nicht erklären.

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