Handel mit Schädeln: Darf koloniales Erbe verkauft werden? | STRG_F
Der Handel mit menschlichen Schädeln aus der Kolonialzeit wirft ethische Fragen auf, da diese oft aus kolonialen Verbrechen stammen und für Nachfahren heilig sind. In Europa werden solche Schädel weiterhin verkauft, obwohl ihre problematische Herkunft oft ignoriert wird. Die deutsche Regierung bemüht sich, das koloniale Erbe aufzuarbeiten, doch das Bewusstsein für die Vergangenheit ist noch gering. Der Beitrag beleuchtet die komplexe Thematik des Handels mit menschlichen Überresten, die emotionalen Auswirkungen auf betroffene Gemeinschaften und die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der kolonialen Geschichte.
Kerninhalte
- Menschliche Schädel aus der Kolonialzeit werden in Europa weiterhin gehandelt
- Viele dieser Schädel stammen aus kolonialen Verbrechen und haben eine problematische Herkunft
- In Kamerun suchen Menschen verzweifelt nach den Schädeln ihrer Vorfahren
- Die deutsche Regierung bemüht sich um die Aufarbeitung des kolonialen Erbes
- Es gibt rechtliche und ethische Herausforderungen beim Handel mit menschlichen Überresten
Analyse und Gedanken
- Der Handel mit menschlichen Schädeln wirft komplexe ethische Fragen auf
- Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Verkauf von Schädeln und dem Bewusstsein für ihre Herkunft
- Die kulturelle Bedeutung der Schädel für die Nachfahren wird oft ignoriert
- Es fehlt an Bewusstsein für die deutsche Kolonialgeschichte in der breiten Öffentlichkeit
- Die Rückgabe von menschlichen Überresten ist ein langwieriger und komplexer Prozess
Fazit
Der Handel mit menschlichen Schädeln aus der Kolonialzeit ist ein ethisch höchst problematisches Thema, das dringend einer umfassenden Aufarbeitung bedarf. Es zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen dem kommerziellen Interesse an diesen Objekten und dem Respekt vor ihrer kulturellen und historischen Bedeutung. Die Bemühungen der deutschen Regierung zur Aufarbeitung des kolonialen Erbes sind ein wichtiger Schritt, doch es bedarf weiterhin intensiver Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit, um das öffentliche Bewusstsein für dieses dunkle Kapitel der Geschichte zu schärfen und einen angemessenen Umgang mit menschlichen Überresten zu gewährleisten.
Einführung und Kontext (00:00)
Der Beitrag beginnt mit einer Einführung in die problematische Thematik des Handels mit menschlichen Schädeln aus der Kolonialzeit. Es wird ein Kuriositätenmarkt besucht, auf dem der Verdacht besteht, dass koloniale Schädel verkauft werden. Ein Käufer beschreibt seine Faszination für den Markt, trotz moralischer Bedenken. Die Präsenz menschlicher Überreste auf den Verkaufstischen wirft Fragen über deren Herkunft und den ethischen Umgang mit kolonialen Artefakten auf. Diese Einführung setzt den Ton für die tiefgreifende Diskussion über die moralischen und historischen Implikationen dieses Handels.
Rassistische Implikationen und historischer Kontext (04:27)
In diesem Abschnitt wird der Verkauf afrikanischer menschlicher Schädel thematisiert und die damit verbundenen rassistischen Implikationen werden beleuchtet. Es wird eine Doppelmoral der Marktbetreiber aufgezeigt, die einerseits gegen Rassismus sind, andererseits aber weiterhin Schädel verkaufen. Der Beitrag geht auf die rassistische Forschung der Vergangenheit ein und zieht Parallelen zu den heutigen Verkaufspraktiken. Eine kurze historische Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte wird präsentiert, einschließlich der Rolle deutscher Kolonien im Kontext des Völkermords und der Praxis, Schädel nach Deutschland zu versenden. Diese Informationen verdeutlichen die tiefe Verwurzelung des Problems in der kolonialen Vergangenheit.
Emotionale Auswirkungen und anhaltender Handel (08:46)
Dieser Teil des Beitrags befasst sich mit den emotionalen und kulturellen Auswirkungen des Schädelhandels auf die betroffenen Gemeinschaften. Es wird gezeigt, wie Menschen in Kamerun verzweifelt nach den Schädeln ihrer Vorfahren suchen, während der illegale Handel in Europa weiterhin floriert. Die Diskussion über den “Preis” eines menschlichen Schädels unterstreicht die Notwendigkeit, die Menschenwürde zu respektieren. Der langwierige Prozess der Rückgabe der Schädel an Kamerun wird thematisiert, ebenso wie die rechtlichen Aspekte des Handels mit menschlichen Überresten. Diese Informationen verdeutlichen die Komplexität des Problems und die Schwierigkeiten bei der Lösung.
Legaler Handel und ethische Fragen (13:08)
In diesem Abschnitt wird der Verkauf von Schädeln in London thematisiert, wobei ein Verkäufer eine Vielzahl ungewöhnlicher Objekte, einschließlich Schädeln aus der Kolonialzeit, anbietet. Die unterschiedlichen Perspektiven auf den Tod und den Umgang mit menschlichen Überresten werden diskutiert. Der Bericht über eine Auktion in Würzburg, bei der ein Ahnenschädel versteigert werden soll, verstärkt die Kontroverse um den Handel mit solchen Objekten. Die Live-Verfolgung der Auktion gibt Einblicke in die Dynamik solcher Verkäufe und die Vorsicht der Bieter. Diese Szenen verdeutlichen die fortbestehende Kommerzialisierung menschlicher Überreste und die damit verbundenen ethischen Dilemmata.
Debatte über kulturellen Wert und Rückgabe (17:33)
Dieser Teil des Videos behandelt die Debatte über den Verkauf menschlicher Schädel und die ethischen Implikationen des Handels mit kolonialem Erbe. Ein Schädel wird für 9000 € versteigert, was Fragen zur Identität des Käufers und zur Angemessenheit solcher Transaktionen aufwirft. Es wird über die Anzahl der im Handel befindlichen Schädel diskutiert und die Notwendigkeit betont, über deren Herkunft nachzudenken. Die Frage, ob Schädel, die als Kriegsbeute gesammelt wurden, einen kulturellen Wert haben und ob sie zurückgegeben werden sollten, steht im Mittelpunkt. Das geringe Interesse in Europa an diesen Schädeln wird thematisiert, insbesondere wenn die Familien oder Clans, zu denen sie gehörten, ausgestorben sind. Diese Diskussion unterstreicht die Komplexität der Thematik und die unterschiedlichen Perspektiven auf den Umgang mit kolonialem Erbe.
Entdeckung und Bedeutung von Ahnenschädeln (21:55)
In diesem Abschnitt wird die Entdeckung und Bedeutung von Ahnenschädeln aus Papua-Neuguinea thematisiert. Die Identifizierung eines Ahnenschädels durch das Archiv und die zugehörigen Berichte werden vorgestellt. Mit Hilfe von Google Maps wird der Herkunftsort des Schädels lokalisiert. Ein Nachfahre des Ahnenschädels wird kontaktiert und teilt seine emotionale Geschichte über den Verlust der Schädel und deren kulturelle Bedeutung für sein Volk. Die historischen Hintergründe der Schädelentnahme durch die ersten weißen Entdecker in der Region werden beleuchtet. Diese persönliche Geschichte verdeutlicht die tiefgreifende emotionale und kulturelle Bedeutung der Schädel für die Nachfahren und unterstreicht die Notwendigkeit eines sensiblen Umgangs mit diesen Artefakten.
Schulprojekt zur Aufarbeitung (26:24)
Dieser Teil des Beitrags befasst sich mit einem Schulprojekt in Hamburg, bei dem Schüler die Herkunft und Geschichte von Schulskeletten untersuchen. Die Abiturienten planen eine Ausstellung zu diesem Thema und reflektieren über den respektvollen Umgang mit menschlichen Überresten. Sie diskutieren die mögliche koloniale Herkunft der Knochen und die damit verbundenen Machtverhältnisse. Die Bedeutung des Themas wird von den Schülern erkannt, da es viele relevante Aspekte beinhaltet. Dieses Projekt zeigt, wie wichtig es ist, junge Menschen für die Thematik zu sensibilisieren und sie aktiv in den Prozess der historischen Aufarbeitung einzubinden.
Staatliche Aufarbeitung und gesellschaftliches Bewusstsein (30:43)
Im letzten Abschnitt wird die Problematik des Handels mit menschlichen Schädeln im Kontext der Aufarbeitung des kolonialen Erbes durch die Bundesregierung thematisiert. Es wird diskutiert, warum Händler keine Bedenken sehen und welche Verantwortung der Staat hat. Die Verpflichtung der Bundesregierung im Koalitionsvertrag, das koloniale Erbe aufzuarbeiten, wird erwähnt. Staatsministerin Katja Keul koordiniert die Rückgabe der menschlichen Schädel und setzt sich für eine Entschuldigung für koloniale Vergehen ein. Es wird festgestellt, dass viele Menschen kaum Wissen über die deutschen Kolonialverbrechen haben. Die Fortsetzung des Handels mit menschlichen Gebeinen aus der Kolonialzeit ohne staatliche Intervention wird als problematisch angesehen. Dieser Abschnitt unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenden gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung mit dem Thema.
Video-Statistiken
Handel mit menschlichen Schädeln aus der Kolonialzeit
Kinder-Schädel aus Papua-Neuguinea für 1950 Euro, ein afrikanischer Schädel mit Einschussloch für 2000 Euro. Händler preisen Knochen an, nach denen andere Menschen seit Jahrzehnten suchen. Sie verkaufen sie auf Kuriositätenmärkten und im Netz. Der Handel ist in Deutschland legal, auch wenn sie mutmaßlich aus ehemaligen Kolonien stammen.
Forscher Mikaél Assilkinga ist einer der Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Schädel dieser Ahnen aus ehemaligen Kolonialgebieten zu finden und in die Heimat zurückzuführen. Dass damit Handel betrieben wird, kann er nicht verstehen. Die Schädel seien wie ein Beweis für die geschehene Gewalt, sagt er.
Warum passiert das dennoch? Und was erzählt das über unseren Umgang mit Deutschlands Kolonialgeschichte? Diese Recherche führt uns zu einer Auktion nach Süddeutschland, zu einem Schädel-Händler nach London und schließlich bis nach Ozeanien.
Recherchedokument zum Film
Vollständiges Recherchedokument
Filmcredits
- Ein Film von Anne Ruprecht und Mirco Seekamp
- Kamera: Jan Littelmann, Eike Köhler, David Diwiak, Tobias Meneses, Felix Meschede, Sebastian Heidelberger, Zita Zengerling
- Schnitt: Jan Littelmann, Pauline Petter, Kay Ehrich
- Grafik: Thorben Korpel
- Mischung: Nick Würpel
- Redaktion: Maike Rudolph, Anna Orth
Tags
#Schädel #Kolonialgeschichte
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Top 25 Kommentare
Aber wie immer ein ganz starker Film
Und die Sammler: auch Wahnsinn! Die sind hier besser aufgehoben?!? Schwer zu ertragen diese Überheblichkeit und Arroganz es besser zu wissen als die Betroffenen. Wie so einiges aktuell macht mich das sehr betroffen!
Ich wünsche mir, dass in Zukunft der Unterricht zur deutschen Kolonialzeit verpflichtend ist und dass so viel mehr Menschen davon erfahren
Stellt euch mal vor, das ist dein Kind, Vater, Mutter oder so….. und dein liebster Nahestehender wird auf so einem Markt verhökert 🤬
wie wird man so?
Danke für diese wichtige starke Dokumentation
Und bitte was sind das für großartige Gymnasiast:innen! Ich bin sooo unfassbar unfassbar dankbar und stolz, dass diese so reflektiert sind und was tun! ❤
Die Frage, die sich alle stellen sollten, wäre das auch der eigene Weg, der eigenen Überreste, der wünschenswert ist? Wohl kaum… Jeder Körper in der Forschung hat ein Recht auf ein respektvolles Begräbnis. Diese NICHT? Diese sollen bei reichen Weißen auf dem Kamin stehen?
Auch wenn ich die Aussagen, besonders bei der Auktion, nur schwer ertragbar und verachtend empfinde, bin ich froh dieses Video gesehen zu haben.
Solche Recherchen sind super wichtig
Danke dass die Doku über so etwas aufklärt